Basale Stimulation nach Andreas Fröhlich

Ursprünglich als pädagogischer Leitfaden für Menschen mit besonderen Bedürfnissen gedacht, sehe ich den pädagogischen Ansatz der Basalen Stimulation nach Andreas Fröhlich auch als Hilfestellung um die grundlegendsten Bedürfnisse unserer Kinder besser verstehen zu können.

Während gesunde Kinder in ihrem Spiel und Alltag ganz natürlich Erfahrungen machen die sie für ihre Weiterentwicklung benötigen, bleibt dies Kindern mit besonderen Bedürfnissen verwehrt.

Wir alle wissen zum Beispiel, dass Kinder gerne schaukeln oder Höhlen bauen, aber verstehen wir auch warum sie es tun? Erst das Erkennen dieser Zusammenhänge befähigt uns Angebote zu setzen welche die Entwicklung unserer Kinder fördern. Hier setzt auch die Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen an. Sie ermöglicht ihnen bestimmte Erfahrungen zu machen, indem sie gezielt Angebote setzt.

Anbei eine Einführung in die Basale Stimulation nach Andreas Fröhlich. Diese ist bewusst als Kurzfassung gedacht. In der Hoffnung, dennoch einige Zusammenhänge bewusster zu machen. Und Sie so zu unterstützen noch individueller auf ihre Kinder eingehen zu können.

Neben den bekannten Eindrücken die wir durch unsere Sinnesorgane gewinnen, wie der Oralen und gustatorische Wahrnehmung (Schmecken), der Olfaktorische Wahrnehmung (Riechen), der Auditiven Wahrnehmung (Hören) und der Visuellen Wahrnehmung (Sehen) spricht Andreas Fröhlich noch von weiteren Wahrnehmungssystemen.

Die Vibratorische Wahrnehmung

Bereits im Mutterleib sind wir vibratorischen Schwingungen ausgesetzt. Ob Herzschlag und Atmung der Mutter, oder Magen- und Darmgeräusche. Geräusche, Musik, die Stimme der Mutter, all diese Schallwellen werden vom Ungeborenen nicht nur gehört, sondern gleichermaßen gespürt. Dies wird auch das „intrauterine Hören“ genannt.

Durch Summen, Singen, Klatschen und Stampfen können wir manuell Schwingungen erzeugen. Dadurch spüren wir unser Körperinneres, erleben Körpertiefe- und Fülle. Kinder, die springen, hüpfen, laufen und plötzlich stehen bleiben nehmen so ihr Trägersystem, das Skelett wahr. So haben auch blaue Flecken, kleine Beulen und das eigene Schmerzempfinden einen Sinn, da dadurch die Widerstandsfähigkeit des eigenen Körpers erlebt wird.

Auch wenn das Schwingungserleben von gesunden Kindern selten aktiv und bewusst eingesetzt wird um Informationen über die Umwelt zu erfahren, machen sie dennoch genug Erfahrungen um diese Wahrnehmung zu erleben. Kleine Kinder z.B. beginnen oft Laute zu formulieren, wenn der Kinderwagen auf einem holprigen Untergrund fährt, da sie hier die Schwingungen in Kombination mit dem Hören gut spüren können.

Bei Kindern mit Hörschädigungen z.B. bricht der Kontakt mit der Umwelt, nach der Geburt plötzlich ab. Da das Hören nach der Geburt nur mehr über den Luftschall erfolgt, und das vibratorische Spüren im Mutterleib wegfällt, können keine Informationen mehr über die Umwelt wahrgenommen werden. Hier setzt die Basale Stimulation an.

Möglichkeiten die Vibratorische Wahrnehmung wieder erfahrbar zu machen sind z.B.:

  • Verstärkung/Begleitung der Atmung des Kindes durch die eigene Atmung im gleichen Rhythmus
  • Massagekissen mit leichten Vibrationen
  • Elektrische Zahnbürsten
  • Wasserbett
  • Holzschlaginstrumente mit denen man den Schall auch spüren kann

Die Vestibuläre Wahrnehmung

Bereits im Mutterleib sind wir der Schwerkraft ausgesetzt. Durch unterschiedlichste Bewegungen der Mutter erfährt das Kind Bewegung im Raum (Auf- und Ab, Hin- und Her, Hinlegen – Aufstehen, Umdrehen) und gewinnt so erste Informationen zur Lage seines Körpers im Raum. Auch das Gleichgewicht wird dadurch gefördert.

Möglichkeiten die Vestibuläre Wahrnehmung wieder erfahrbar zu machen sind z.B.:

  • Schaukeln (Hängematten, Hängesitz)
  • Wiegen (Tonnen)
  • Lage- und Positionswechsel

Die Somatische Wahrnehmung…

…umfasst Haut, Muskulatur und Gelenke. Bekanntermaßen ist die Haut unser größtes Körperorgan, durch sie spüren wir, dass unsere Umwelt dort beginnt wo wir enden. Es geht um Körperwahrnehmung, darum unsere Körperteile und unsere Grenzen bewusster zu spüren. Dies geschieht durch Verarbeitung und das Zusammenspiel von taktilen und propriozeptiven Eindrücken.

Möglichkeiten die Somatische und Taktile Wahrnehmung erfahrbar zu machen sind:

Alle Angebote, die dazu dienen die eigenen Grenzen besser spüren zu können. Z.B.:

  • Massagen
  • Vorsichtiges Föhnen der Haut mit geringer Wärme, oder der Einsatz von Wärmelampen
  • Mit einem Handtuch Körperteile einwickeln oder Körperteile im Sand eingraben
  • Körperkontakt, Berührungen
  • Begleitende und geführte Körperbewegungen
  • Haptische Angebote um Hände und Füße besser spüren zu können (Pinsel, Tücher,
  • Barfuß-Wege mit unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten, Fühl-Spiele, etc.)

Bewegungserfahrung

Wir bewegen uns ständig, es gibt keinen Stillstand. Selbst wenn wir liegen oder bewusst stehen bewegt sich unser Körper minimal, allein durch die Atmung. Gesunde Menschen nehmen sich selbst wahr und spüren ihren Körper durch dauernde Haltungs- und Lagewechsel, Spannung und Entspannung. Bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen führt der Bewegungsmangel zu Wahrnehmungsverlusten und damit verbunden zu Kontrollverlusten. Das „Körper Ich“ schrumpft auf einen kleinen Bereich.

Sogenanntes „störendes, auffälliges Verhalten“ ist meist nur ein kläglicher Versuch die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, sich selbst und den eigenen Körper besser zu spüren zu können. Hier habe ich z.B. sehr gute Erfahrungen damit gemacht alternative Angebote zu setzen um sich selbst besser spüren zu können.

Möglichkeiten das Körper-Ich wieder erfahrbar zu machen sind:

  • Druckerfahrungen (Massagen)
  • Begrenzungen (Kissen, Sandsäckchen, Wasser, Bällchen Bad, Sand, Schachteln, Höhlen)
  • Hüpfen und Springen in geschütztem Raum (dicke Matten, Sand)

Ein Text von Regina Magdalena Smrcka, Diplom Sozialarbeiterin, Diplom PR-Assistentin, Diplom Mediendesignerin. Weitere Informationen unter www.kinderundbewegung.com oder www.sichtbarbewegen.at.

Bild: Bigstockphoto.com / Leonid Eremeychuk