Das Berufsbild Hausarzt vorgestellt

„Doktor Berenthal kommt und alles ist gut!“ – wahrscheinlich kennen nur eingefleischte Fans von Reinhard Mey diesen Titel aus dem Jahr 2000, in dem der bekannte Liedermacher einen Held seiner Jugend besingt, einen Hausarzt, wie man ihn sich auch heute noch gern vorstellt – mit braunem Doktorkoffer und umgehängtem Stethoskop, wie es in dem Songtext heißt. Auch wenn dieses Bild sicher nicht mehr uneingeschränkt zutrifft, ist der Hausarzt kein Auslaufmodell. Hausarzt Stellenangebote gibt es reichlich, viele – vor allem ländliche – Gebiete sind unterversorgt. Die Hälfte der vor einigen Jahren noch tätigen Hausärzte ist heute im Ruhestand. Dabei ist der Hausarzt als Lotse durch ein komplexes Gesundheitssystem jetzt wichtiger denn je.

Hohe Verantwortung für richtungsweisende Entscheidungen

Wer denkt, ein Hausarzt sei ein Mediziner zweiter Klasse, der nur ein paar harmlose Wehwehchen behandelt und Mittel gegen Schnupfen verschreibt, liegt völlig daneben. Der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle für Patienten. Seine Kompetenz ist nicht auf ein Körperteil oder eine bestimmte Erkrankung beschränkt. Er sieht seine Patienten ganzheitlich, muss anhand der geschilderten Symptome weitere Untersuchungen durchführen bzw. veranlassen, eine Diagnose stellen und auf dieser Basis mit dem Patienten die weiteren Schritte besprechen. Das geht nur mit breiten und vor allem aktuellen medizinischen Kenntnissen. Liegt der Hausarzt mit seiner Einschätzung daneben oder weiß er schlichtweg nicht Bescheid über passende Behandlungskonzepte, kann das für den Erkrankten schlimme Folgen haben. Das Berufsbild Hausarzt ist perfekt für alle Mediziner, die sich nicht vor Verantwortung drücken, die Nähe zum Patienten ernst nehmen und die sicher sein wollen, dass es in ihrem Beruf nie langweilig wird. Sozialkompetenz und Kommunikationsstärke stehen im Anforderungsprofil ganz weit oben.

Facharzt ist Voraussetzung

Schon seit fast drei Jahrzehnten muss der Hausarzt in Deutschland auch Facharzt sein, um eine Kassenzulassung zu bekommen. Neue Zulassungen als sogenannter praktischer Arzt gibt es nicht mehr, sie dürften also nur Privatpatienten behandeln. Die beliebteste Facharztrichtung für Hausärzte ist die Allgemeinmedizin. Aber auch Fachärzte für Innere Medizin lassen sich als Hausärzte nieder. Ihre fachärztliche Weiterbildung ist über weite Strecken mit der für Allgemeinmedizin identisch. Eine dritte Möglichkeit ist der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, früher kurz als Kinderarzt bezeichnet.

Hausarztmodell für Privatpatienten

Das statistische Bundesamt ermittelte bereits vor rund zehn Jahren einen jährlichen Reinertrag einer Hausarztpraxis zwischen 146.000 Euro für eine Einzelpraxis und 287.000 Euro für eine Gemeinschaftspraxis. Das Geld kommt nicht nur aus der Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen, sondern zu einem wesentlichen Teil von Privatpatienten. Viele private Versicherungsverträge sehen mittlerweile eine hausarztzentrierte Versorgung als Standard vor. Durch die Lotsenfunktion des Hausarztes werden nicht nur Kosten minimiert, sondern auch die begrenzten Kapazitäten der Fachärzte sinnvoll genutzt. Die finanziellen Aspekte einer Niederlassung als Hausarzt muss man in Relation zur geleisteten Arbeit betrachten. Der niedergelassene Arzt ist sein eigener Chef. Er bestimmt seine Arbeitszeiten selbst, widmet sich vielleicht parallel der Forschung, einer Lehrtätigkeit oder gönnt sich eine Familienphase mit verkürzten Sprechzeiten.

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